MUSEUM IM ZEHENTSTADEL

Scherer-Galerie und Heimatmuseum Reischenau

Rathaus


Seit alters bildeten die Kirche, das Amtshaus und die Taverne (Wirtshaus) mit dem Tanzhaus das Zentrum des Ortes. In den Erwerbsbüchern des Domkapitels von 1433 bis 1443 wird die „Taferne“ erstmals erwähnt. Neben dieser finden wir bereits 1495 das Tanzhaus, das an das Anwesen von Balthasar Schneider grenzte, auf dem später das Amtshaus errichtet wurde.

1562 wurde die Taverne ausgebaut und samt Stallung, Stadel und Tanzhaus mit einer Mauer umfriedet. 1724 wurde dasTanzhaus und das Bräuhaus durch einen Ziegelbau ersetzt und ein „Holzschupfen“ dazugesellt. Aus der Taverne entwickelte sich in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts der „Gasthof Schwarzer Adler“, genannt „Vikari“.

Das Amtshaus wird erstmals 1495 erwähnt, aber schon 1507 abgebrochen und neu erbaut. Im 18. Jahrhundert befand sich das Amtshaus in einem derart schlechten baulichen Zustand, dass sich der Pfleger Simon Braun genötigt sah, dieses in den Jahren 1744 bis 1747 durch einen Neubau zu ersetzen.

 

Es diente den Vögten und Pflegern und nach der Säkularisation dem Spitalverwalter als Amts- und Wohnhaus. Dem Amtshaus kommt in technischer wie auch in ästhetischer Hinsicht eine gewisse Leitfunktion für die weitere Ortsbebauung zu.

Halsgeige

Zwischen dem Amtshaus und der Taverne, seltener zwischen Spital und Kirche, fand die Vollstreckung von sog. Schandstrafen statt. Als beliebtes und übliches Werkzeug zur Vollstreckung dieser Strafe diente der „Spanische Mantel“ und die „Halsgeige“.

Der Spanische Mantel war eine seitlich aufklappbare Tonne, die dem Delinquenten umgehängt wurde, so dass durch das Loch im oberen Deckel der Kopf herausschaute. Der Delinquent war nun dem Gespött der Leute preisgegeben, ebenso die Sünder, die mit der Halsgeige bestraft wurden. Diese umschloss mit dem großen Loch den Hals und mit den beiden kleinen Löchern die Handgelenke. In der Regel wurde die Halsgeige bei Frauen und Mädchen angewandt.

Spanischer Mantel

Das heutige Rathaus wurde 1864 als Schranne errichtet. Drei große rundbogige Tore – auch heute noch am Mauerwerk erkennbar – ermöglichten den freien Zugang für Käufer und Verkäufer. In ihr und im Hofbereich wurden die Cerealien (Feldfrüchte, meist Getreide) angekauft, gelagert und verkauft. Die Glocke auf dem Giebeltürmchen verkündete den Beginn und das Ende des Handels an den Schrannentagen.

Die Schrannenglocke rief bis ins Jahr 1950 nach dem obligatorischen Kirchgang zum sogenannten „Stillstand“, bei dem der Gemeindediener alle wichtigen Mitteilungen verlas oder auch die Versteigerung von Vieh, meist Schafen, vorgenommen wurde.
Im Obergeschoss war die Gemeindeverwaltung untergebracht, aber auch die Gendarmerie mit einer Haftzelle. Der Eingang zum Obergeschoss befand sich auf der Seite zum Gasthof Vikari hin.

Rathaus 1955

Das Rathaus wurde 1955 saniert und 1988 durch einen Mitteltrakt mit dem Amtshaus verbunden, in dem von 1978 bis 1993 in vier Räumen des Obergeschosses das Heimatmuseum untergebracht war. Beide Gebäude dienen seit der Gebietsreform (1978) der Verwaltung des Marktes Dinkelscherben mit seinen 9 Ortsteilen.